Zum Thema “Reicher Speckgürtel und armes Brandenburg?” diskutierte am 30. August 2017 Carsten Preuß, LINKER Direktkandidat im Wahlkreis 62 (Dahme-Spreewald, östlicher Teltow-Fläming und nördliche Oberspreewald-Lausitz) mit Daniela Trochowski, Staatssekretärin im Brandenburgischen Finanzministerium, in der Paul-Dessau-Gesamtschule Zeuthen. Das Thema war mit einem Fragezeichen verbunden, denn zum einen gehört der “Speckgürtel” auch zu Brandenburg und zum anderen sind gleichwertige Lebensverhältnisse eine zentrale Leitvorstellung.
Daniela Trochowski erinnerte daran, dass der kommunale Finanzausgleich (Stichpunkt: “Reichensteuer”) 2012 von der rot-roten Landesregierung in Brandenburg eingeführt wurde. Die wohlhabenden Kommunen zahlen eine Finanzausgleichsumlage, die den weniger wohlhabenden Kommunen und Landkreisen zugutekommt. Damit sollen beispielsweise Standortnachteile ausgeglichen werden. Im Wahlkreis 62 zahlen Schönefeld, Baruth/Mark und Zossen in die Finanzausgleichsumlage ein.
78 Prozent der in Deutschland lebenden Bevölkerung würde lieber auf dem Land, in einer Kleinstadt oder einer Mittelstadt leben und eben nicht in einer Großstadt. In der Realität sieht das oft anders aus. Die Gründe dafür sind vielfältig. Ein Hauptgrund ist, dass der Arbeitsplatz und das Wohnen auf dem Land sich selten gut verbinden lassen. Entscheidend für die Belebung des ländlichen Raums sind der ÖPNV und die Breitbandversorgung. Schnelles Internet ist kein Selbstzweck. Es ist zwingende Voraussetzung für eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Letztlich ist das schnelle Internet auch eine Voraussetzung dafür, dass auch im ländlichen Raum neue Arbeitsplätze entstehen können.
Darüber hinaus ist es wichtig, in den Gemeinden mehr zu bieten als Wohnraum – als positives Beispiel erwähnte Carsten Preuß den “Campus der Generationen” in Werbig in der Gemeinde Niederer Fläming: Das ehemalige Schulareal wird Schritt für Schritt zum “Campus der Generationen” entwickelt. In der sanierten Mensa z. B. können auch Menschen essen gehen, die keine Schüler*innen mehr sind. Angeboten wird auch ein Lieferservice. Darüber hinaus ist die Mensa gleichzeitig das “multifunktionale Dorfgemeinschaftshaus”. In dem Schulgebäude werden neben der Grundschule auch eine Senior*innen-Tagesstätte und Einkaufsmöglichkeiten geschaffen. Das Beispiel zeigt, wie Mehrfunktionshäuser als Treffpunkt dienen und flexible Nutzungen ermöglichen.
Die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse kann auch durch ungleiche Maßnahmen ermöglicht werden, zum Beispiel durch selbstorganisierte Prozesse der Versorgung und der Mobilität. Es braucht Maßnahmen, mit denen die Lebensqualität kleinerer und mittlerer Städte im ländlichen Raum und im Umland der Ballungsräume gesichert werden kann. Es gilt, Orte mit Strahlkraft zu stärken und Standorte mit Entwicklungspotential zu identifizieren, denn sie sichern die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in der Fläche.
Insgesamt müssen sich die Gemeinden im “Speckgürtel” überlegen, wie die Entwicklung in Zukunft aussehen soll. Die kommunale Planungshoheit ist ein hohes Gut. Sie umfasst das Recht der Gemeinde, die städtebauliche Entwicklung vorzugeben. Hier wird die Entscheidung getroffen, ob eine Gemeinde eine weitere Verdichtung zulassen will, oder ob das “Wohnen im Grünen” städtebauliche Zielvorstellung ist.